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Darum solltest du dein Brot mit Sauerteig statt Hefe backen

Warten gehört definitiv nicht zu meinen Stärken; das gilt insbesondere fürs Essen. Schnell, unkompliziert und trotzdem gesund – nach diesen Kriterien habe ich mir bisher meine Alltagsrezepte ausgesucht. Seit ich Sauerteigbrot selbst backe, habe ich nicht nur meine Geduld trainiert, sondern auch Slow Food (=genussvoll, bewusstes und regionales Essen) mehr zu schätzen gelernt.

Klar, ein gutes Brot kann auch deutlich schneller mit Hefe gebacken werden. Warum ich dennoch auf das natürliche Triebmittel Sauerteig zurückgreife, hat für mich mehrere Gründe.

Intensiverer Geschmack

Der erste Biss ins frisch gebackene Sauerteigbrot lässt den Aufwand wieder vergessen. Das liegt an dem besonders ausgeprägten Aroma: Während der Fermentation sorgt das Zusammenspiel aus Getreide-Enzymen, Hefen und Milchsäurebakterien für den einzigartigen Geschmack. Speziell in der Kruste entstehen durch die hohe Hitze beim Backen die allseits beliebte Maillard-Reaktion sowie Karamellisierung, die das Brot noch leckerer machen.

Bessere Verträglichkeit

Gleich vorweg: Ich spreche hier nicht von klinisch diagnostizierter Zöliakie! Obwohl viele Menschen denken, sie leiden unter einer „Glutenunverträglichkeit“, sind in Europa tatsächlich nur 0,8 Prozent wirklich betroffen. Dennoch bereitet Brot einigen Menschen Bauchschmerzen; man spricht in dem Fall von einer Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensibilität (NCGS). Abhilfe verschafft hierbei eine FODMAP (fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole)-arme Ernährung. Bei FODMAPs handelt es sich um Kohlenhydrate und Zuckeralkohole, die vom Dünndarm nur schlecht aufgenommen werden und folglich zu schnell in den Dickdarm wandern, wo es zu Gärungsprozessen kommt. Beim Brotbacken können FODMAPs zum einen durch die Wahl eines geeigneten Mehls und und zum anderen durch die Fermentierung reduziert werden. Bei einer kurzen Gehzeit – wie es in Großbäckereien meist gehandhabt wird – ist der FODMAP-Anteil im Brot noch sehr hoch und kann bei empfindlichen Personen zu Verdauungsproblemen führen. Brote, die nur mit Sauerteig als Triebmittel hergestellt werden, haben eine längere Gehzeit und folglich einen geringeren FODMAP-Anteil.

Verdauungsprobleme können auch dadurch entstehen, dass die im Getreide enthaltenen Phytinsäure die Enzyme Pepsin und Trypsin blockiert. Durch die lange Fermentationszeit beim Backen mit Sauerteig wird die unerwünschte Phytinsäure abgebaut. Das kann nicht  nur zu einer Verbesserung der Beschwerden führen, sondern wirkt sich auch positiv auf unsere Gesundheit aus: Mit der Reduktion der Phytinsäure können mehr Mineralstoffe aufgenommen werden.

Länger haltbares Brot

Wer mit Sauerteig backt, hat länger etwas davon! Soviel Spaß es auch macht: Mehr als einen Tag in der Woche kann und möchte ich nicht zum Brotbacken aufwenden. Bei einem Hefebrot bedeuten das, dass ich entweder alles innerhalb von zwei bis drei Tagen aufessen oder einzelne Scheiben einfrieren und täglich aufbacken muss – nicht gerade das, was ich unter einer nachhaltigen Ernährung verstehe. Mein Sauerteigbrot ist hingegen bis zum nächsten „Backtag“ lecker und genießbar (auch wenn es mir meistens schwerfällt, nicht alles sofort zu essen :)). Der Dank dafür gebührt dem Säuregehalt, denn dieser wirkt dem mikrobiologischen Verderbnis entgegen und verhindert vor allem Schimmel und das Austrocknen des Brotes zuverlässig.

Roggenbrot wird backfähig

Mein Lieblingsbrot gäbe es ohne Sauerteig vermutlich gar nicht: Traditionelle Roggenteige haben einen sehr hohen Anteil an Pentosanen, die in ihrer wasserbindenden Eigenschaft die Ausbildung eines Klebegerüsts verhindern. Bei Weizenteigen ist dieses Klebegerüst unbedingt notwendig für die gewünschte Krumenbildung (Krume = das weiche Brotinnere), um einen guten Geschmack und Elastizität im Brot zu erzielen.

Wie funktioniert das dann beim Roggenbrot? Durch das Zusammenspiel von Pentosanen und Roggenstärke entsteht die heißbegehrte fluffige Krume. Kurz gesagt: Ohne leckere Krume schmeckt das Brot nicht und ohne Stärke keine Krume beim Roggenbrot! Diese wird aber “normalerweise” schnell von den im Teig vorhandenen Enzymen abgebaut und verliert dadurch ihre Kraft bei der Krumenbildung. Die im Sauerteig vorhandene Säure verhindert den Abbau, indem sie die entsprechenden Enzyme blockiert. Inzwischen gibt es auch einige Roggen-Sorten, die weniger aktive Enzyme beinhalten und somit ohne Sauerteig gebacken werden können. Allerdings kann damit nicht dasselbe Level an Geschmack und Frische erreicht werden.

Fazit

Im Ringkampf um das beste Brot gewinnt der Sauerteig über die Hefe haushoch. Lediglich bei der Zeit verliert das säuerliche Triebmittel ein paar Punkte. Gut Ding braucht eben Weile! Falls du dich bisher noch nicht an selbstgebackenes Sauerteigbrot getraut hast, oder deine ersten Versuche gescheitert sind, empfehle ich dir unseren Online-Sauerteigkurs. Dort lernst du alle notwendigen Techniken und erhältst beim gemeinsamen Backen direkte Unterstützung.

Quellen

  1. “Slow Food”: Wikipedia (2022), https://de.wikipedia.org/wiki/Slow_Food
  2. Dr. Markus J. Brandt, Minden “Sauerteig”: Wissensforum Backwaren, 4. überarbeitete Auflage (2012), https://wissensforum-backwaren.de/app/uploads/25_Sauerteig.pdf
  3. Singh, Prashant, et al. “Global prevalence of celiac disease: systematic review and meta-analysis.”: Clinical gastroenterology and hepatology 16.6 (2018): 823-836, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29551598/
  4. Dieterich, Walburga, et al. “Influence of low FODMAP and gluten-free diets on disease activity and intestinal microbiota in patients with non-celiac gluten sensitivity.” Clinical Nutrition 38.2 (2019): 697-707, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0261561418301298
  5. FODMAP-Redaktion “FODMAPs und Dinkel”: W. Zuckschwerdt Verlag GmbH für Medizin und Naturwissenschaften, FODMAP info (2016), https://www.fodmap-info.de/fodmap-und-dinkel/
  6. Leiß, O. “Ernährungstherapie beim Reizdarmsyndrom–bei wem FODMAP-arm, bei wem glutenfrei und bei wem anderes.” Verdauungskrankheiten 38 (2020): 97-113, https://www.researchgate.net/publication/343785895_Ernahrungstherapie_beim_Reizdarmsyndrom_-_bei_wem_FODMAP-arm_bei_wem_glutenfrei_und_bei_wem_anderes
  7. Lau, Siew Wen, et al. “Sourdough microbiome comparison and benefits.” Microorganisms 9.7 (2021): 1355, https://www.mdpi.com/2076-2607/9/7/1355
  8. Lopez, H. W., et al. “Prolonged fermentation of whole wheat sourdough reduces phytate level and increases soluble magnesium.” Journal of Agricultural and Food Chemistry 49.5 (2001): 2657-2662, https://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/jf001255z
  9. Martínez-Anaya, M. Antonia, et al. “Regulation of acetic acid production by homo-and heterofermentative lactobacilli in whole-wheat sour-doughs.” Zeitschrift fur Lebensmittel-untersuchung und-forschung 199.3 (1994): 186-190, https://link.springer.com/article/10.1007/BF01193440
  10. “Sauerteig”: Wikipedia (2022), https://de.wikipedia.org/wiki/Sauerteig