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Roggen – das aromatische Brotgetreide

Roggenbrot ist für mich Soulfood, es gehört schon seit ich mich erinnern kann zu meinen Lieblingsbroten. Roggen wird seit Jahrhunderten für alles verwendet, vom Brot bis zum Whiskey. In diesem Artikel nehme ich dich mit auf eine Reise durch die Geschichte und die Vielseitigkeit des Roggens sowie durch die Wissenschaft, die hinter seinen Auswirkungen auf Backwaren steckt.

Der Ursprung des Roggens

Roggen kenne ich vor allem in Verbindung mit Sauerteig, aber wo kommt er eigentlich her? Ich habe mich schlau gemacht, daran will ich euch gerne teilhaben lassen:

Es wird angenommen, dass Roggen, ein oft vernachlässigtes Getreide, ursprünglich aus dem Orient stammt und sich dann in Europa und Asien verbreitet hat. Es ist faszinierend, dass es auch heute noch Ur-Roggensorten gibt, obwohl sie nur selten zu kaufen sind. Da gibt es zum Beispiel den Waldstaudenroggen mit seinem ausgeprägten Honiggeruch oder den Champagnerroggen aus Frankreich. Eine weitere interessante Sorte ist der Bergroggen, ein mehrjähriges Getreide, das sehr genügsam ist und auch in hohen Lagen wachsen kann. Roggen ist ein widerstandsfähiges, einjähriges Getreide, das unter anderem in Gebieten mit rauem Klima wächst und dort entsprechend beliebt ist. Im Erntejahr 2021/22 gab es die größten Roggen-Anbaugebiete in der EU mit 64 %, gefolgt von Russland mit 14 % und Weißrussland mit 6 %. [1,2]

Mir stellt sich die Frage, was passiert, wenn es durch den Klimawandel im Sommer wärmer und im Winter nasser wird? Im besten Fall werden Roggensorten gezüchtet, die an das neue Klima angepasst sind. Ich hoffe, der Roggen wird nicht durch andere Getreide verdrängt, denn er hat einfach ein tolles Aroma, dass ich mir aus meiner Backstube nicht wegdenken kann.

Das kann Roggen

Roggen ist unglaublich vielseitig und kann zur Herstellung einer Vielzahl von Produkten verwendet werden. Natürlich kann er zu Mehl gemahlen und zum Kochen und Backen verwendet werden, aber wusstest du, dass man aus ihm auch Whiskey und Wodka herstellen kann? Tatsächlich sind Spirituosen auf Roggenbasis in bestimmten Teilen der Welt recht beliebt.

Die Einsatzmöglichkeiten reichen sogar über Essen und Trinken hinaus. Extrakte aus Roggen werden auch in Kosmetika oder als Naturheilmittel verwendet. Aber zurück zu den Lebensmitteln – einer meiner persönlichen Favoriten: Brot. Wenn du schon einmal Roggenbrot mit Sauerteig probiert hast, weißt du, dass es einen einzigartigen, würzigen Geschmack hat, der es von anderen Brotsorten unterscheidet. Außerdem kann die Sauerteiggärung dazu beitragen, einige der schwer verdaulichen Bestandteile des Roggens aufzuspalten, was es zu einer gesünderen Alternative macht. Wenn du also das nächste Mal auf der Suche nach einer vielseitigen und schmackhaften Backzutat bist, solltest du Roggen auf jeden Fall mal ausprobieren!

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Allgemeine Struktur

Das Roggenkorn besteht aus einem Mehlkörper, einem Keim und der Kleie. Der Aufbau des Korns ist für alle Getreidesorten gleich, siehe Abbildung 1. Die genaue Zusammensetzung der Inhaltsstoffe ist jedoch von Sorte zu Sorte unterschiedlich.

Roggen setzt sich aus diesen Bestandteilen zusammen:

  • 60 % Kohlenhydrate
  • 13 % Ballaststoffe
  • 14 % Wasser
  • 9 % Eiweiß
  • 2 % Fett
  • 2 % Mineralstoffe

Die wichtigsten im Roggen enthaltenen Vitamine sind:

  • Vitamin B1 (3,7 mg/kg)
  • Vitamin B2 (1,7 mg/kg)
  • Vitamin B3 (18,0 mg/kg)
  • Vitamin B5 (15,0 mg/kg)
  • Vitamin B6 (2,3 mg/kg)
  • Vitamin E (1,4 mg/kg)
  • Folsäure (40,0 mg/kg)  [3]

 

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Dabei handelt es sich um den Durchschnitt, die Werte schwanken je nach Saison und Anbaugebiet. [3]

In der Gruppe der Ballaststoffe und der Eiweiße sind besonders spannende Stoffe zu finden. Diese bestimmen die Eigenheiten und Besonderheiten des Roggens. Taucht mit mir nun etwas tiefer in die Welt des Roggens ab.

Besondere Ballaststoffe und ihr Einfluss auf das Backen

Ein Schlüsselfaktor für ein leckeres Roggenbrot ist das Vorhandensein spezieller Ballaststoffe, der sogenannten Pentosane, die im Roggen in so hohem Maße vorkommen, das sie die Backeigenschaften stark beeinflussen. Diese Pentosane werden in zwei Kategorien eingeteilt: wasserlösliche (15-25 %) und wasserunlösliche Pentosane. Eine erstaunliche Eigenschaft der Pentosane ist, dass sie bis zum 15-20-fachen ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen können, was für die Speicherung von Wasser während des Backvorgangs entscheidend ist. Dadurch bleiben roggenhaltige Brote länger frisch als andere Brotsorten.

Darüber hinaus sind die wasserlöslichen Pentosane für die stabile Krume des Roggenbrotes verantwortlich, da sie das Gashaltevermögen erhöhen. Wasserunlösliche Pentosane hingegen verhindern die Vernetzung der Kleberproteine und haben dadurch einen negativen Einfluss auf die Struktur des Teiges. Durch Säuerung mit Sauerteig können sich die wasserunlöslichen Pentosane jedoch in wasserlösliche umwandeln, was für ein Roggenbrot mit stabiler Krume unerlässlich ist. [3]

Besondere Eiweiße und ihr Einfluss auf das Backen

Ein wichtiger Faktor beim Backen mit Roggen ist sein Glutengehalt (Gluten=Klebereiweiß oder Kleberprotein). Je nach Mehltyp kann Roggenmehl zwischen 3.180 und 3.480 mg Gluten pro 100 g Mehl enthalten und ist damit das Mehl mit dem niedrigsten Glutengehalt unter den gebräuchlichsten Brotmehlen wie Weizen und Dinkel. [4]

Ein weiterer interessanter Aspekt sind die im Roggen enthaltenen Enzyme, die die Bildung eines Glutengerüsts beim Mischen des Teigs verhindern. Dies kann zu einer krümeligeren und dichteren Textur führen als bei Broten, die mit glutenreicheren Mehlen hergestellt werden.

Schließlich enthält Roggen auch Phytinsäure, das Vitamine und Mineralstoffe durch komplexe Bindungen binden kann, sodass sie vom Körper weniger gut aufgenommen werden können. Trotz dieser einzigartigen Herausforderungen lassen sich mit Roggen köstliche und herzhafte Brote backen, die sich perfekt für herzhafte Sandwiches eignen. [3]

Auch bei den Eiweißen hilft uns der Sauerteig, die negativen Auswirkungen einzudämmen. Denn die Fermentation durch den Sauerteig deaktiviert die Enzyme und die Phytinsäure.

Diese Mehltypen stehen dir für deine Rezepte zur Verfügung

Je nach Rezept benötige ich unterschiedliche Mehltypen. Die Mehltype bezieht sich auf den durchschnittlichen Mineralstoffgehalt des Mehls in Gramm, bezogen auf 100 Kilogramm verbrannte Mehlmasse. Roggenmehl ist in den Typen 815, 997, 1150, 1370, 1740 und 1800 (auch als Backmehl bekannt) sowie als Vollkornmehl erhältlich.

Und das sagt die Mehltype aus: 100 kg Roggenmehl der Type 815 enthält 815 g Mineralstoffe! Je niedriger die Roggenmehltype ist, desto geringer ist der Enzymgehalt und desto geringer ist die Zerstörungskraft gegenüber der Teigstruktur. Das bedeutet, dass hohe Roggenmehltypen andere Techniken oder Zutaten erfordern, um die gewünschte Textur und das gewünschte Aufgehen beim Backen zu erreichen. Aber mit ein wenig Experimentierfreude und Kreativität kannst du das Potenzial von Roggenmehl beim Backen voll ausschöpfen. Hat dich das neugierig gemacht? Schau doch gleich mal bei unseren Rezepten vorbei:-)

Warum überhaupt mit Roggen backen, wenn es sich so kompliziert anhört?

Zunächst einmal sollten wir über den Geschmack sprechen. Roggen hat diesen wunderbaren, nussigen Geschmack, der herzhafte Backwaren auf die nächste Stufe heben kann. Ich liebe es, Roggenbrot zu backen – es hat diesen erdigen, komplexen Geschmack, der einfach unschlagbar ist. Außerdem ist es perfekt für Sandwiches oder frisch aus dem Ofen, mit Butter bestrichen. Lecker!

Aber die Vorteile von Roggenmehl gehen über den Geschmack hinaus. Es ist auch super gesund und hält der leichten Verarbeitbarkeit von Weizen mit tollen inneren Werten entgegen. Backwaren aus Roggen enthalten im Gegensatz zu hellem Weizengebäck viele Ballaststoffe, die die Verdauung fördern und das Sättigungsgefühl erhalten. Zudem enthält er viele Vitamine und Mineralstoffe wie Eisen und Magnesium. Wenn du deine Ernährungsgewohnheiten verbessern willst, ist Roggenmehl eine gute Wahl. [5]

Dem entgegen steht die Herausforderung der richtigen Verarbeitung mit Roggen. Es stimmt – Roggenmehl hat weniger Gluten als Weizenmehl, wodurch es nicht so leicht aufgeht. Zusätzlich nimmt es mehr Flüssigkeit auf, was dazu führen kann, dass der Teig dicker und schwieriger zu verarbeiten ist. Dies lässt sich wie oben beschrieben mit Sauerteig vereinfachen und du kannst Mischbrote mit Weizenanteil backen, um den Glutengehalt anzuheben.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Backen mit Roggenmehl zwar ein wenig Aufwand bedeutet, aber es lohnt sich auf jeden Fall. Der unvergleichbare Geschmack und der Nährstoffgehalt machen die Mühen wett.  Mit ein paar Tipps und Tricks wirst du im Handumdrehen ein Roggenmehl-Profi sein. Also los, probier es aus – ich verspreche, du wirst es nicht bereuen. Viel Spaß beim Backen!

Quellen

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/456951/umfrage/erntemenge-von-roggen-weltweit/#:~:text=Die%20Statistik%20zeigt%20die%20Erntemenge,rund%2012%2C3%20Millionen%20Tonnen. zuletzt aufgerufen am 15.02.2023

[2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/195731/umfrage/erzeugung-von-roggen-der-wichtigsten-erzeugerlaender/ zuletzt aufgerufen am 15.02.2023

[3] GOBBETTI, Marco; GÄNZLE, Michael (Hg.). Handbook on sourdough biotechnology. Springer Science & Business Media, 2012.

[4] G. Andersen / H. Köhler in Zusammenarbeit mit M. Rubach / W. Schaecke (2015): Jahresbericht der Deutschen Forschungsanstalt 2014, Freising, S. 136 – S. 139.

[5] A hypocaloric diet rich in high fiber rye foods causes greater reduction in body weight and body fat than a diet rich in refined wheat: A parallel randomized controlled trial in adults with overweight and obesity (the RyeWeight study)’. Clinical Nutrition