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Macht Brot dick?

Bestimmt hast Du es auch schon mal gehört: “Brot macht dick!”. Aber stimmt das wirklich? Hier ein paar Überlegungen, die diese Behauptung in Perspektive setzen.

Bei Lebensmitteln und der richtigen Ernährungsweise gibt es so viele Meinungen wie es vermeintliche Experten gibt. Für die einen zählt nur die Kalorienbilanz, die anderen schwören auf „Stoffwechsel-Hacks“. Klar ist nur, dass Ernährung sehr individuell und zu komplex für eine definitiv allgemeingültige Aussage ist. Physikalisch unumstößlich ist aber die Energieerhaltung, die im Grunde aussagt: nimmt der Körper mehr Energie auf als er verbraucht, muss er die Differenz im Fettgewebe speichern. Ich halte damit den „Kalorienwert“ zumindest als geeignetes Maß, um ähnliche Lebensmittel zu vergleichen.

Der Brennwert für 100 g Brot hängt stark vom Rezept ab und liegt für ein Weißbrot zwischen 210 und 290 kcal. Im Vergleich mit anderen zubereiteten Stärkebeilagen wie Kartoffeln (73 kcal), Reis (126 kcal) oder Nudeln (144 kcal) (gekocht, pro 100 g), liegt es damit nominell an der Spitze. Vergleicht man jedoch mit Haferflocken (372 kcal), Cornflakes (378 kcal), oder Schoko Müsli (416 kcal), wird klar, dass man ehrlich die Alternativen hinterfragen muss und ob man wirklich trockenen Reis zum Frühstück essen möchte (Nährwerte siehe fddb).

Für einen fairen Vergleich muss die gesamte Mahlzeit und die Sättigungsdauer betrachtet werden. Typischerweise wird Brot zum Frühstück gegessen, daher soll einmal der Brot worst-case (Baguette + Nutella), der Brot best-case (Körnerbrot+Senf+Hähnchenbrust) sowie Porridge (Haferflocken + halbfett Milch) und Schoko-Müsli + Vollmilch verglichen werden. Die Mengen entsprechen hierbei meiner eigenen Erfahrung, was für die meisten Menschen zu viel sein dürfte (ich „frühstücke“ statt des Mittagessens):

  • Nutellatoasts: 8 Scheiben Toastbrot (530 kcal),100 g Nutella (539 kcal) = 1069 kcal
  • Sandwiches: 4 Scheiben Körnermischbrot (388 kcal) + 6 Scheiben Hähnchenbrust (162 kcal) + Rucola & Gurken (11 kcal) + Butter (148 kcal) = 709 kcal
  • Porridge: 150 g Haferflocken (558 kcal) + 200 g halbfett Milch (94 kcal) + 75 g TK-Beeren (39 kcal) = 691 kcal
  • Schokomüsli: 200 g Hafer-Knusper-Müsli (884 kcal) + 200 g Vollmilch (130 kcal) = 1014 kcal
  • Deftige Brotmahlzeit: 6 Scheiben Körnermischbrot (582 kcal), 60 g Butter (444 kcal), 180 g Käse (690 kcal) = 1716 kcal

 

Es liegt also auf der Hand, dass der Brennwert einer Brotmahlzeit stark entsprechend den Essgewohnheiten variiert und damit im Vergleich zu Frühstücksalternativen sowohl besser als auch deutlich schlechter sein kann. Was hier nicht berücksichtigt wird, ist, wie sehr man das Essen genießt und wie die restlichen Mahlzeiten zum täglichen Kalorienaufnahme beitragen.

In einer Studie von 1995 wurden einige gebräuchliche Lebensmittel auf ihren Sättigungswert pro Kalorie untersucht und mit „trockenem“ Weizenbrot verglichen. Dabei kam heraus, dass reines Weizenbrot etwas weniger sättigt als Frühstückszerealien mit Milch, Porridge jedoch fast doppelt so sättigend ist. Für Brot wurde bei dieser Studie ermittelt, dass Körner und Vollkornbrot etwa 1,5 Mal so sättigend sind (Holt et al., 1995). Im Zusammenhang mit einer späteren Auswertung von knapp zehntausend Fitnessapp Daten folgt die Vermutung, dass Roggenbrote oder Körnerbrote mit proteinreichen Brotbelägen oder Gemüsezugaben wie Salat, Gurke oder Paprika in Sandwiches den Sättigungswert der Brotmahlzeit deutlich erhöhen könnten. Damit sind diese vermutlich etwas besser als Müsli (Siehe optimisingnutrition.com). Leider wurde ein vernünftiges Sandwich nicht im Vergleich berücksichtigt und so bleibt nur auf die persönliche Erfahrung zu vertrauen, der nach die Sättigung mit Sandwiches deutlich länger anhält.

Es zeigt sich (bedauerlicherweise) auch, dass Backwaren mit hohen Fettanteilen und Zuckerzugabe, wie Kuchen, bzw. fette Brotbeläge möglichst gemieden werden sollten. Es wird vermutet, dass die Mischung aus leicht verdaulichen Kohlenhydraten in Kombination mit Fetten das menschliche Belohnungssystem so überreizen, dass ein übermäßiger Konsum wahrscheinlich wird. In anderen Worten: es ist zu lecker, um rechtzeitig aufzuhören.

Ein weiter Punkt, der oft angeführt wird, ist eine rapide Blutzuckerspiegelbewegung bzw. ein hoher Glykämischer Index, welcher mit schnell wiederkehrendem Hungergefühl zusammenhängt (Werte siehe Internationale Tabelle).  Je stärker der Blutzuckerspiegel innerhalb von zwei Stunden nach dem Essen ansteigt, desto größer der Glykämische Index (GI). Er wird entweder mit dem Effekt von Traubenzucker oder Weißbrot verglichen (respektive GI 100), im Folgenden beziehen sich die Werte immer auf Weißbrot.

Leider scheint es hier kein eindeutiges Ergebnis zu geben. Grundsätzlich sind Backwaren mit intakten Saaten (GI 74) und Vollkornroggenbrote (GI 83) mit langsameren Blutzuckeranstiegen, im Vergleich zu hellem Weizenbrot (GI 100), assoziiert. Hochgradig vermahlene Vollkornmehle, wie man sie im Supermarkt erhält, haben jedoch nahezu keinen und je nach Studie sogar einen leicht negativen Effekt auf den glykämischen Index und können aus diesem Gesichtspunkt heraus nicht als vorteilhaft bewertet werden. Unter Berücksichtigung der stärkeren Sättigung bieten Vollkornbrote dennoch einen Vorteil, auch wenn sie genau wie andere Brotsorten nicht übermäßig konsumiert werden sollten.

In einer weiteren Studie mittels einer kurzfristigen Ernährungsumstellung von Korem et al., 2017 ergab sich bei 20 Teilnehmern kein eindeutiger Unterschied in der glykämischen Reaktion von Hefebrot zu Vollkorn-Sauerteigbrot. Insgesamt reicht diese geringe Teilnehmeranzahl nicht für eine verallgemeinerte Aussage aus, interessanterweise gab es aber einen großen Unterschied auf individueller Ebene, d.h. manche Menschen hatten eine stärkere glykämische Reaktion bei Hefebroten, andere bei Sauerteigbroten. Dies wurde auf die individuelle Darmflora zurückgeführt. Entsprechend ist keine absolute Aussage sinnvoll, wer aber nach dem Verzehr von industriellem Brot sehr schnell wieder hungrig fühlt, sollte ein gutes Sauerteigbrot zum Vergleich austesten.

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Fazit

Fazit: Zweifelsohne kann man wunderbar schlank bleiben und trotzdem Brot essen. Es bleibt aber die Einsicht, dass es sehr relevant ist, wie man sein Brot isst und welche Lebensmittel man damit ersetzt. Ein mit Salat, Gurken, eingelegten Zwiebeln, Käse, Schinken, Senf und Butter gebasteltes Sandwich würde ich unter den vorgestellten Erkenntnissen weiterhin allen anderen Frühstücksalternativen vorziehen. Es muss aber auch festgehalten werden, dass es leicht ist, zu viel von besonders schmackhaften Broten zu essen. Ich empfehle daher Früchte, sauer Eingelegtes und Rohkost zum Brot zu essen, das sorgt auch für ein größeres Geschmackserlebnis! Außerdem hilfreich ist es, sich schon vor dem Essen ein Limit zu setzen und möglichst langsam und bewusst zu essen, sofern man Probleme mit der Gewichtskontrolle hat.

Quellen

  1. Gratis Kalorientabelle für mehr als 230.000 Lebensmittel (2022). Online verfügbar unter https://fddb.info/db/de/produktgruppen/produkt_verzeichnis/index.html, zuletzt aktualisiert am 19.01.2022, zuletzt geprüft am 19.01.2022.
  2. Kendall, Marty (2018): The satiety index (updated). In: Optimising Nutrition, 09.10.2018. Online verfügbar unter https://optimisingnutrition.com/calculating-satiety/, zuletzt geprüft am 19.01.2022.
  3. Korem, Tal; Zeevi, David; Zmora, Niv; Weissbrod, Omer; Bar, Noam; Lotan-Pompan, Maya et al. (2017): Bread Affects Clinical Parameters and Induces Gut Microbiome-Associated Personal Glycemic Responses. In: Cell Metabolism 25 (6), 1243-1253.e5. DOI: 10.1016/j.cmet.2017.05.002.
  4. OUP Academic (2002): International table of glycemic index and glycemic load values. 2002. Online verfügbar unter https://academic.oup.com/ajcn/article/76/1/5/4689459, zuletzt aktualisiert am 01.07.2002, zuletzt geprüft am 19.01.2022.
  5. Ross, S. W.; Brand, J. C.; Thorburn, A. W.; Truswell, A. S. (1987): Glycemic index of processed wheat products. In: The American Journal of Clinical Nutrition 46 (4), S. 631–635. DOI: 10.1093/ajcn/46.4.631.
  6. Wikipedia (Hg.) (2022): Glykämischer Index. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Glykämischer_Index&oldid=219296418, zuletzt aktualisiert am 18.01.2022, zuletzt geprüft am 19.01.2022.